Die Geschichte der Augsburger Straßenbahn
Von der Privatbahn zur städtischen Straßenbahn
Nach der Übernahme der Augsburger Pferdebahn durch die Firma Schuckert & Co begann man mit den Vorbereitungen für die Umstellung des Betriebs auf elektrischen Antrieb. Hierzu mussten unter anderem vom Augsburger Stadtmagistrat (entspricht dem heutigen Stadtrat) Verhandlungen mit den damals noch selbstständigen Orten Lechhausen, Pfersee und Göggingen geführt werden, welche dann auch der Umstellung in einem Vertrag zustimmten. Die bayerische Staatsregierung erteilte auf dieser Grundlage der Firma Schuckert & Co die Genehmigung für den Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn.
Im Jahr 1897 begann man dann mit der Auswechslung des Schienenmaterials, da für die neuen Fahrzeuge das bis dahin verwendete Material als ungeeignet angesehen wurde. Gleichzeitig änderte man auch die Spurweite, die von der Pferdebahn verwendete Regelspur wurde aufgegeben, man entschied sich wegen der engen Straßen im Zentrum für die schmalere Meterspur. Das hat Auswirkungen bis in die heutige Zeit, da durch die unterschiedlichen Spurweiten das Karlsruher Modell in Augsburg nicht machbar ist. Neben der Umspurung wurde auch die Lechhauser Linie, welche in Pferdebahnzeiten getrennt vom übrigen Netz verkehrte, über den Perlachberg an das Straßenbahnnetz angeschlossen. Der Pferdebahnbetrieb wurde während des Umbaus fortgeführt und endete erst bei der Eröffnung des elektrischen Betriebs am 1. September 1898.
Mit der Eröffnung des elektrischen Betriebs erweiterte sich auch die Betriebslänge von 12,3 Kilometer auf 14,370 Kilometer. Ebenso wurde zu diesem Zeitpunkt ein neues Direktionsgebäude mit einer Wagenhalle am Senkelbach in Betrieb genommen, den Fahrstrom lieferte ein eigenes Elektrizitätswerk im selben Gebäudekomplex. Alle Linien verkehrten in einem Zehnminutentakt, was in der Innenstadt faktisch zu einem Fünfminutentakt wurde, da hier immer zwei Linien auf der selben Strecke fuhren.
Es verkehrten bei der Straßenbahn nun die folgende Linien (wobei die Nummerierung aber erst 1913 eingeführt wurde!):
Lechhausen - Pfersee (spätere Linie 1)
Lechhausen (Marktplatz) - Lechbrücke - Jakober Tor - Barfüßerstraße - Perlach - Phillipine-Welser-Straße - Annastraße - Königsplatz - Hauptbahnhof - Viktoriastraße - Stephanienstraße - Stephanienunterführung - Pferseer Straße. Betriebslänge 5,17 Kilometer. Die Stephanienstraße ist die heutige Sieglindenstraße, die Stephanienunterführung ist die heutige Schletterer-Unterführung
Oberhausen - Göggingen (spätere Linie 2)
Drentwettstraße - Wertachbrücke - Wertachbruckertor - Georgenstraße - Frauentorstraße - Perlach - Phillipine-Welser-Straße - Annastraße - Königsplatz -Gögginger Straße - Göggingen (Rathaus). Betriebslänge 6,33 Kilometer
Königsplatz - Rotes Tor (spätere Linie 3)
Königsplatz - Kaiserstraße - Eserwallstraße - Rotes Tor - Haunstetter Straße (Bahnunterführung) Betriebslänge 1,1 Kilometer. Die Kaiserstraße heißt heute Konrad-Adenauer-Allee.
Perlach - Protestantischer Friedhof (spätere Linie 4)
Perlach - Herkulesbrunnen - Grabgasse - Predigerberg - Bäckergasse - Rotes Tor - Haunstetter Straße (Bahnunterführung) Betriebslänge 1,77 Kilometer
Zum Abschluss der Umstellung von der Pferdebahn auf den elektrischen Betrieb gründete die Firma Schuckert & Co dann im Jahr 1900 noch die Augsburger Elektrische Straßenbahn AG, welche den gesamten Betrieb im selben Jahr übernahm. Dass die Umstellung auf elektrischen Betrieb die richtige Entscheidung war verdeutlicht die Entwicklung der Fahrgastzahlen: Im letzten Jahr des Pferdebahnbetriebs zählte man 1,67 Millionen Fahrgäste, im ersten Jahr mit elektrischem Antrieb verdreifachte sich diese Zahl auf 5,46 Millionen Fahrgäste! Auch in den folgenden Betriebsjahren nahm die Zahl der Fahrgäste kontinuierlich zu.
Diese insgesamt erfreuliche Entwicklung führte dazu, dass man eine weitere Strecke von der Wertachbrücke zum Oberhauser Bahnhof baute, welche 1901 den Linienbetrieb aufnahm. Der Endpunkt Drentwettstraße wurde fortan mit einem Pendelwagen bedient, was sich aber für die Gesellschaft nicht lohnte. Zwei weitere Strecken waren in den Augen der Betreibergesellschaft auch nicht rentabel, daher beantragte sie beim Stadtmagistrat Betriebseinschränkungen. Bei den Strecken ging es um die Linien Ludwigsplatz - Haunstetter Straße und Königsplatz - Rotes Tor. Der Magistrat lehnte dieses Ansinnen jedoch ab und forderte statt dessen den Bau einer Linie von der Wertachbrücke zur Infantriekaserne im Hochfeld. Das wiederum lehnte die Betreibergesellschaft aber ab, da sie eine zu geringe Auslastung der Linie befürchtete.
Letzlich gab die Betreibergesellschaft nach langen Verhandlungen dem Ansinnen des Magistrats nach und baute die gewünschte Linie doch noch. Im Gegenzug durfte sie dafür die von ihr genannten Strecken stilllegen und abbauen. Die neue Linie zur Infantriekaserne entwickelte sich wider Erwarten weit beser als gedacht, was die Betreibergesellschaft natürlich erfreut zur Kenntnis nahm.
Das Netz der Augsburger Straßenbahn war bis zum Jahr 1905 eingleisig mit Ausweichstellen angelegt. Nachdem man durch den Abriss von Häusern die heutige Bürgermeister-Fischer-Straße angelegt hatte, wurde auf ihr das erste Doppelgleis in Augsburg gebaut. Danach wurde die bisherige Strecke über die Philippine-Welser- und Annastraße aufgegeben und die Hauptumsteigestelle wurde vom Ludwigsplatz (dem heutigen Rathausplatz) an den Königsplatz verlegt.
Der Vertrag zwischen der Betreibergesellschaft und der Stadt enthielt eine Klausel, nach der die Stadt Augsburg das Recht hatte, ab dem Jahr 1908 den Betrieb zu übernehmen und in eigener Regie zu führen. Unter der Bezeichnung Städtische Straßenbahn Augsburg geschah dies dann auch nach Erteilung einer neuen Konzession, welche am 24. Juli 1908 für die Dauer von 50 Jahren erteilt wurde. Da weitere Erweiterungen im Netz wegen der Fahrgastzahlen sinnvoll erschienen, schritt man zwichen 1908 und 1914 von Seiten der Stadt auch gleich zur Tat. So wurde die Linie nach Pfersee aus der Sieglindenstraße heraus genommen und durch die neu erbaute Pferseer Unterführung genommen. Im Juni 1910 wurde Kriegshaber vom Oberhauser Bahnhof aus mit einer Streckenverlängerung von 1,3 Kilometer an das Straßenbahnnetz angeschlossen.
Auch in Pfersee ging im September 1910 eine Streckenverlängerung von 0,6 Kilometer zur Leitershofer Straße in Betrieb. In Oberhausen verlängerte man im August 1911 die Linie von der Drentwettstraße bis zur Hirblingerstraße. Und in der Thommstraße wurden die Gleise im Mai 1914 in Betrieb genommen, die Streckenführung durch die Georgenstraße wurde stillgelegt. Wegen der Streckenerweiterungen und den höheren Fahrgastzahlen beschaffte man zwischen 1909 und 1911 weitere 18 Fahrzeuge. Aus diesem Grund musste auch der Betriebshof am Snkelbach erweitert werden, und in Kriegshaber baute man eine Halle für die Beiwagen.
Hatte man in den Anfangsjahren die einzelnen Linien noch durch farbige Signallampen gekennzeichnet, änderte man das im Jahr 1913 und führte die Liniennummern ein. Bis auf weiteres behielt man aber zusätzlich die farbigen Signallampen bei. Hier die Auflistung der Linien und ihrer Signale, wobei zu beachten ist, dass die Linien 5 und 6 erst später eingeführt wurden:
Linie 1: weißes Licht
Linie 2: grünes Licht
Linie 3: blaues Licht
Linie 4: rotes Licht
Linie 5:* violettes Licht
Linie 6:* gelbes Licht
>> Das Straßenbahnnetz wird größer
Quellennachweis der gezeigten Bilder
Bilder: Sammlung FdAS
Grafik: Walter König