Die Geschichte der Augsburger Straßenbahn

 

Die Trambahn auf dem Abstellgleis?

Durch den Krieg verlor die Augsburger Straßenbahn 8 zweiachsige, 13 vierachsige Triebwagen sowie auch 8 Beiwagen. Weitere Fahrzeuge waren mehr oder weniger stark beschädigt. Nach der Genehmigung durch die Besatzungsmacht begann man mit der Wiederaufnahme des Betriebs. Zuerst setzte man die beschädigten Fahrzeuge notdürftig instand, denn es mangelte allenthalben an entsprechendem Material. So verkleidete man die Fenster mangels Glas mit Pappe, um nur ein Beispiel zu nennen. Pferseer Unterführung, die Gögginger Brücke und die Wertachbrücke erlaubten wegen deren Zerstörung keine Aufnahme eines durchgängigen Betriebs. Durch Einbau von Weichen konnte man im Juni 1945 einen Betrieb in eingeschränktem Maß wieder aufnehmen.

Linie/Streckenführung
 
Wagen 161 nach Wiederaufbau auf Linie 11: Lechhausen (Marktplatz) - Frölichstraße
Reststrecke: Rosenaustraße - Westfriedhof
 
2: Wertachbrücke - Hochzoll
Reststrecke: Wertachbrücke - Kriegshaber
Reststrecke: Stadtgarten - Göggingen
 
4: Wertachbrücke - Haunstetten
Reststrecke: Wertachbrücke - Oberhausen
 

Bereits im Herbst 1945 konnte die Linie 1 wieder bis zu ihrer Endstelle in Lechhausen fahren, ebenso konnte die Linie 2 nach Reparatur der Gögginger Brücke wieder ihren gewohnten Linienweg nehmen. Auch die Wertachbrücke in Oberhausen erhielt zunächst einen eingleisigen Übergang, Ende 1945 wurde dann als Provisorium ein zweites Gleis verlegt, sodass die Linien 2 und 4 wieder wie gewohnt verkehren konnten. Der Zustand war aber nicht von Dauer, denn im Januar 1946 unterspülte ein Hochwasser einen Pfeiler, worauf beim ersten befahren am nächsten Morgen das Provisorium einknickte. Bis zum Neubau der Brücke im Jahr 1947 musste die eingleisige Führung deshalb beibehalten werden. Auch die Pferseer Unterführung konnte ab 1946 wieder befahren werden, sodass Ende 1946 wieder der Vorkriegszustand bei den Linien 1, 2 und 4 gegeben war.

Trotz Materialknappheit war es möglich, die Linie 5 von der Barfüßerbrücke um 850 Meter zu verlängern, bei der Provinostraße schloss sie an die Gleise der Linie 6 an und verlegte dadurch ihren Endpunkt zum Roten Tor. Auch die Linie 1 erfuhr noch eine Verlängerung, am 22. Dezember 1947 wurde der Nachbarort Stadtbergen mit einer 1,3 Kilometer langen Strecke samt Wendeschleife an das Augsburger Straßenbahnnetz angeschlossen. Nachdem die Strecken soweit wieder hergestellt waren, begann man damit, den ziemlich strapazierten Fahrzeugpark zu ergänzen und herzurichten.

Bereits 1946 hatte man für die verlängerte Linie 5 von der eingestellten Straßenbahn Landshut sechs zweiachsige Triebwagen beschafft und diese mit Scherenstromabnehmern versehen. Dreiwagenzug im Depot BaumgartnerstraßeEbenso wurden bei der Firma Rathgeber in München und der Firma Frisch Augsburg 10 Triebwagen und ein Beiwagen auf Fahrgestellen kriegszerstörter Fahrzeuge gebaut. Auch die verbliebenen drei Fahrzeuge der während des Krieges aus Genua beschafften Einrichtungswagen wurden für den Linienverkehr zum Einsatz gebracht.
Der Unterhaltungszustand vor allem bei den älteren Fahrzeugen war dennoch als nicht gut zu bezeichnen, da man weitgehend minderwertige Ersatzstoffe verwenden musste, andererseits die Fahrzeuge durch das Beförderungsaufkommen hoch belastet waren. Bei feuchter Witterung musste deshalb zur Vermeidung von Isolationsschäden bei den Motoren langsamer gefahren werden oder der Betrieb wurde vorzeitig eingestellt! Eine nachhaltige Verbesserung trat hier erst nach der Währungsreform ein, nun waren wieder alle Materialien in guter Qualität verfügbar. Entlastung der Gesamtsituation brachten auch die 10 neuen KSW der Firma Fuchs in Heidelberg.

Ab 1950 befasste man sich mit umfangreichen Erneuerungsarbeiten am gesamten Gleisnetz. Danach schritt man hauptsächlich bei der Linie 2 zum doppelgleisigen Ausbau bisher eingleisiger Streckenabschnitte, lediglich in Kriegshaber blieb ein Reststück auf viele Jahrzehnte hinaus noch eingleisig. Auch in Göggingen wurde eine Häuserblockumfahrung gebaut und die Stumpfendstelle beim Rathaus aufgegeben.

Mitte der 60er Jahre wurde dann auch noch in Lechhausen ein Wendedreieck gebaut, über welches die neuen Straßenbahnen dann wenden konnten. Großraumzug im Depot BaumgärtnerstraßeIm Jahr 1956 beschaffte man zur Erneuerung des Fahrzeugparks 11 dreiachsige Großraumwagen und baugleiche Beiwagen. Es handelte sich um Einrichtungsfahrzeuge und diese konnten anfangs nur auf den Linien 4 und 14 eingesetzt werden, da es nur hier an beiden Endpunkten Wendeschleifen gab. In den verkehrsschwachen Zeiten verkehrten die Triebwagen als Solowagen. Auch für das Personal brachten die neuen Fahrzeuge Vorteile, der Fahrer hatte eine eigene Kabine und der Schaffner hatte einen festen Sitzplatz am Ende des Fahrzeugs.

Die 50er Jahre brachten der Augsburger Straßenbahn aber nicht nur neue Fahrzeuge und Streckenausbauten, eine erste Stilllegung erfolgte bereits 1952, als die Strecke der Linie 3 vom Kaiserplatz zur Infantriekaserne durch die Buslinie 31 bedient wurde. Auch in Haunstetten ersetzte man 1954 die Straßenbahn ab der evangelischen Kirche durch die Omnibuslinie 34. Doch diese beiden Linienumstellungen waren erst die Vorboten für weitere und einschneidendere Linieneinstellungen in Augsburg.

Der 8. Oktober 1960 war ein schwarzer Tag für die Augsburger Straßenbahn. An diesem Tag wurden die Straßenbahnlinien 5 und 6 eingestellt und durch die Buslinien 35 und 36 ersetzt. Die Gleisanlagen wurden weitgehend abgebaut, nur die Strecke Maximillianstraße - Rotes Tor blieb als Betriebsstrecke für Ein- und Ausrückfahrten erhalten.

Der zunehmende Individualverkehr sorgte in den 50er und 60er Jahren für immer mehr Behinderungen beim Straßenbahnbetrieb. Deshalb baute man bereits 1956 die Schleife am Theodor-Heuss-Platz, ebenso baute man 1964 in der Jakober- und Pilgerhausstraße eine Schleife, welche heute nur noch teilweise vorhanden ist. Auch im Betriebshof legte man 1965 eine Schleife an, damit entfiel das mühsame rangieren von Einrichtungswagen und Tramzügen beim wenden. Aus dem selben Grund baute man 1967 an der damaligen Endstelle Kriegshaber ein Gleisdreieck ein.

Der Fahrzeugpark der Augsburger Straßenbahn war Anfang der 60er Jahre zu großen Teilen überaltert, teilweise hatten die Fahrzeuge bereits über 50 Betriebsjahre hinter sich gebracht. Wagen 525 auf Linie 1Auch ihr Fassungsvermögen entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit, und nicht zuletzt waren die Fahrzeuge auch sehr personalintensiv. Daher entwickelte man in Zusammenarbeit mit dem Hersteller einen Fahrzeugtyp, welcher dann für über 40 Jahre das Stadtbild in Augsburg prägen sollte. Im Jahr 1964 kamen die ersten 13 Wagen dieses Bautyps (Bezeichnung GT5) auf die Augsburger Gleise, hauptsächlich auf der Linie 1 ersetzten sie die bis dahin verwendeten Altwagen. 1968 folgten 7 weitere Fahrzeuge dieses Typs und im Jahr 1969 baute man dann die vorhandenen 11 Großraumzüge in 22 GT5 um. Danach wurde auch auf der Linie 2 der Betrieb mit den Altwagen eingestellt, der Linienverkehr wurde nur noch mit dem neuen Fahrzeugpark abgewickelt. Altwagen kamen dann nur noch als Einlagewagen zum Einsatz.

Da trotz der neuen Fahrzeuge die Personalkosten beim Betrieb eine nicht unerhebliche Größenordnung hatten, beschloss man, die Fahrzeuge für den sogenannten Einmannbetrieb umzurüsten. Damit begann man im Frühjahr 1972, zuvor wurden neue Fahrscheine eingeführt, welche sich für die im Fahrzeug angebrachten Entwerter eigneten. Diese konnten im selben Jahr günstig aus München erworben werden, da man dort durch die Bildung des MVV neue Tarife einführte. Für den Kauf von Fahrkarten wurden 80 Fahrscheinautomaten aufgestellt. Im selben Jahr wurden auch alle Fahrzeuge mit Funk ausgestattet.

Im Jahr 1973 konnte man von Aachen 10 Gelenktriebwagen günstig erwerben, da dort der Straßenbahnbetrieb vor seiner Stilllegung stand. Die Aachener Wagen machten den Einsatz der KSW bei den morgendlichen Spitzen überflüssig und die Wagen wurden ausgemustert. Doch auch die Aachener Wagen hatten nur eine kurze Einsatzzeit in Augsburg. Anfang der 70er Jahre wurden Überlegungen angestellt, die Augsburger Straßenbahn stillzulegen und den Betrieb künftig mit Omnibussen zu bestreiten. Erst ein Grundsatzbeschluss des Augsburger Stadtrates zur Erhaltung der Straßenbahn setzte diesen Überlegungen ein Ende.

Die Anschaffung von 12 Doppelgelenktriebwagen vom Typ Mannheim im Jahr 1976 war ein erstes Signal, dass man die Straßenbahn erhalten wollte. Der Pilz am KönigsplatzEin weiteres Signal folgte im darauf folgenden Jahr 1977. Da hieß es für die Augsburger Abschied nehmen von einem lieb gewonnenen Symbol. Der Pilz am Königsplatz musste dem kompletten Umbau des Königsplatzes weichen. Für Generationen von Augsburgern war der Pilz der Treffpunkt schlechthin! Der Manzu-Brunnen befindet sich heute ungefähr an dieser Stelle, und auch heute ist das wieder ein beliebter Treffpunkt der Jugend. Der Umbau des Königsplatzes veränderte die Situation für die Straßenbahn völlig. So wurde die Linie 1 aus der Bahnhofstraße genommen und in die Halderstraße verlegt. Am Hauptbahnhof entstand eine neue Wendeschleife, am Königsplatz selbst wurden am Südschenkel Gleise für eine spätere Liniennutzung verlegt.

Im Jahr 1985 beschaffte man 12 achtachsige Zweirichtungswagen vom Typ M8C. Ursprünglich war daran gedacht worden, diese Fahrzeuge auch in Doppeltraktion einzusetzen, aber dazu ist es in Augsburg nie gekommen. Auch kam es in den 80er Jahren immer wieder zu Überlegungen, neue Straßenbahnlinien zu bauen, auch die seit vielen Jahren stillgelegte Linie 6 war immer mal wieder im Gespräch für eine Reaktivierung. Letztlich blieb es aber nur bei solchen Überlegungen, das Augsburger Gleisnetz wuchs in diesen Jahren um keinen Meter mehr.

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Quellennachweis der gezeigten Bilder

 

Bilder: Sammlung FdAS